Leseprobe aus meinem Buch "Kriegskinder" - Bombenhagel überlebt, Karriere gemacht und mit Burn-out bezahlt. - Vorschau: |
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Der Wissenschaftler Klaus-Peter Kolbatz ist nicht nur Erfinder der weltweit ersten Pool-Alarmanlage oder hat die „fünfte Kraft im Universum“ entdeckt und hat sich in der Klimaforschung einen Namen gemacht, sondern hat auch das sehr erfolgreiche Buch "Kriegskinder geschrieben.Auszug:
- Die
Russen kommen nach Rerik
Wir schreiben das Jahr 1945. Ich bin drei Jahre Alt und die Russen marschieren in meinen Geburtsort an der Ostseeküste ein. Meinen Eltern wurde 3 Stunden Zeit gegeben ihre Habseligkeiten zu packen und aus der Wohnung zu verschwinden. Glücklicherweise
war zu der Zeit mein Vater aus der Gefangenschaft zurück und konnte
einen Leiterwagen mit Pferden organisieren, mit dem auch einige Möbel
in die ca. 5 km entfernte Wohnung transportiert werden konnten. Während
meine Eltern die letzte Fuhre abholten ließen sie mich dieses mal in
der neuen Wohnung zurück, weil die Pferde durch den Tumult auf der Straße
scheu waren und mein Vater Schwierigkeiten hatte sie zu zügeln. Ich war
in der neuen Wohnung allein und sie war mir fremd. Ich hatte große Angst. Angst weil ich dachte sie haben mich vergessen, denn es kam mir mit meinen drei Jahren wie eine Ewigkeit vor. Eine innere Stimme sagte mir, Mami kommt hierher nicht zurück. Ich bin zu unserer alten Wohnung zurückgelaufen, weil sie ja sagten sie fahren dort hin. Als ich ankam, hörte ich schon von draußen lautes Krakeelen in einer Sprache die mir fremd war und mir Furcht einflößte. Es waren Russen, die mir wie Ungeheuer aus dem Märchenbuch vorkamen. Ich habe mich versteckt, weil ich dachte sie haben meinen Eltern etwas angetan und werden mir auch etwas antun. Nach
einer Weile habe ich mich aus dem Versteck hervor getraut und bin
weinend und nach meiner Mami rufend durch alle Zimmer gegangen. Überall
waren Russen und als ich die Tür zum Badezimmer öffnete, saß einer
auf der Toilette mit einem Hintern, der doppelt so breit wie die
Toilettenbrille war und mit breiten herunter hängenden Hosenträgern.
Er hatte mein weinen gehört und sagte "hier nix Mama". Bei dem Anblick kamen mir entsetzliche Gedanken und ich dachte sie werden kleine Kinder bestimmt aufessen. Ich bin davongelaufen. Es war kalt und dunkel. Die Straßen wurden nur durch nicht endende Kolonnen von Panzern und anderen Militärfahrzeugen spärlich erleuchtet. Der Krach flößte mir zusätzlich Furcht ein und ich versteckte mich weinend und frierend hinter einem Gebüsch bis mich eine Frau fand und mich mit nach Hause nahm. Ich
weiß nicht wie, aber irgend wann standen plötzlich meine Eltern vor
mir, ich war überglücklich. Flucht nach Berlin
Danach
ging es schlag auf schlag bis wir gegen Mittag zurück fuhren. Zuhause
haben meine Oma und meine Mutter die Fische ausgenommen und von Schuppen
befreit. Meine Oma hat dann die großen Fische gebraten und ich durfte
die kleinen durch den Wolf drehen. Sie machte hiervon Fischbouletten. Es
war köstlich. Ich habe noch nie so etwas schönes gegessen. Bis dahin
bestand mein Essen im Wesentlichen aus Brennnesselsuppe. Wenn hier
einmal eine Kartoffelschale drinnen war, waren wir glücklich. Oder
Eintopf ohne Fleischeinlage. Wenn wirklich einmal ein kleines Stück
Fleisch im Topf war, bekam es mein Vater. Meine Mutter sagte „Er muss
arbeiten und bei Kräften bleiben“. Ich erinnere mich noch daran, dass
wir vor jedem Essen zu Gott beteten und ihm für dieses Essen dankten.
Mami,
der Himmel brennt. Im selbst gebauten provisorischen
Bunker (in Berlin Tegel-Süd) Am Nachmittag gab es wieder Fliegeralarm, und dieses Mal wurde es auch für uns ernst. Wieder hörte man, wie bei den vorausgegangenen Angriffen, die Bombeneinschläge in der Ferne, aber die Zeitabstände dazwischen waren kürzer. Meine Mutter packte mich dieses mal und wir rannten zum Nachbargrundstück. Er hatte als Einziger vorgesorgt und eine Erdhöhle als provisorischen Schutz vor Luftangriffe. Nachdem wir eine Leiter herabstiegen, setzten wir uns auf eine Bank.
Zwischen den einzelnen Detonationen,
die jetzt näher kamen, herrschte atemlose Stille. Die nächsten Einschläge
waren noch heftiger und ich duckte mich jedes Mal, bis der Kopf bald den
Schoß von meiner Mutter berührte. Das Beben des Erdreichs war deutlich
zu spüren. Dann folgte ein Schlag, so als ob ein gewaltiger eiserner
Hammer auf die Höhlendecke gestürzt wäre. Jetzt rieselte Sand aus der
provisorisch mit Holzlatten abgedeckten Decke, Steine polterten und trübte
den Schein der Karbidlampen. Ich sah die Angst in den Gesichtern und spürte
das hier etwas furchtbares geschah. Meine Mutter drückte mich noch
fester an sich und ich glaube sie merkte gar nicht das sie mir wehtat. Ich
traute mich selbst nicht zu sprechen, aber andere sagten leise: „das
hat ganz in der Nähe eingeschlagen“. Nach einer Ewigkeit verhallten die
letzten Schläge, bis die lautlose Stille im Bunker bei Groß und Klein
mit der Gewissheit durchringt: "Es ist vorbei". Als die Sicht wieder klar wurde, nahmen
wir unsere Tücher ab und schauten uns um. Die Erdhöhle war ganz
geblieben und niemand zu Schaden gekommen, aber oben an der Leiter war
es finster. Dort konnte man vorher einen schwachen Schimmer des
Tageslichts sehen, das durch den Ausstieg auf die seitliche Wand fiel.
Ich weiß nicht mehr, wer hinaufging um nachzusehen, aber bald kam die
erlösende Nachricht: „Wir sind nicht verschüttet, da liegen nur ein
paar große Steine herum!“ Diese Hindernisse wurden ohne Schwierigkeiten weggeräumt, und wir kletterten wieder hinaus. Ich sagte ängstlich zu meiner Mutter „Mami, der Himmel brennt“. Das war nicht mehr die Welt, die ich kannte. Überall lagen Steinbrocken, gebrochene Ziegel, gesplittertes Holz und zertrümmerte Türen. Dort, wo vorher der Schuppen stand in dem ich gerne spielte, befand sich jetzt nur ein Haufen Schutt. An unserem Haus brannte der Dachstuhl. Vater meinte da muss eine Phosphorbombe eingeschlagen haben. Die Nachbarn bildeten eine Kette mit Wassereimern und Vater stand auf einer langen Leiter und versuchte das Feuer zu löschen. Ungenügende
Luftschutzvorkehrungen Trotz zahlreicher
Aufklärungskampagnen zum Luftkrieg noch vor Kriegsbeginn, wurde viel zu
wenig für den Schutz der Berliner getan. Während gigantische Mengen
Beton am Atlantikwall oder in der Wolfsschanze verbaut wurden, standen
in Berlin nie mehr als 65.000 Bunkerplätze für die trotz der
Evakuierungen immer noch knapp drei Millionen zählenden Einwohner zur
Verfügung. So mussten die allermeisten in zusätzlich abgestützten
Hauskellern Schutz suchen, ohne dort vor Volltreffern sicher zu sein. In
den Kellern starben die meisten der Berliner Bombenopfer, allein am 3.
Februar 1945 waren es 2.500. Doch auch die Bunker waren keine vollkommen
sicheren Orte, da durch Brände verursachter Sauerstoffmangel auch bei
starkem Bombardement eine Räumung unausweichlich machte. Die Amis kommen mit Panzer. Es
gibt Bonbons und Schokolade. -
Geschenke von Gis - Es ist Mai 1945 und
ich bin vier Jahre alt. Es ist ein sonniger Tag, ich darf Kniestrümpfe anziehen und Sandalen, die Vater mir noch einmal aus alten Autoreifen gemacht hat.
Der Konvoi hält.
Eine Luke öffnet sich, und ein Amerikaner steigt aus. Er kommt vom
Panzer herunter. Er hat keinen großen Kopf und auch keine Riesenohren.
Er sieht aus wie mein Vater oder mein Onkel, nur ein bisschen dicker. Er
hat einen Tarnanzug an, sandfarben mit braun und grün und trägt einen
Stahlhelm. Der Amerikaner kommt auf mich zu und sagt zu mir:
"Willst du mein Freund sein?" Ich nicke nur. Seine Stimme
klingt, als würde er gurgeln. Er greift in die Tasche seines
Tarnanzuges. Ich presse meine Handkanten gegeneinander und mache aus
meinen Händen eine kleine Höhle. Der Amerikaner füllt sie mit Bonbons
und Kaugummi. Der Konvoi fuhr weiter und jedes Stück Schokolade, das ein gutmütiger
amerikanischer Soldat von einem Lastwagen warf, war ein Höhepunkt in
meinem Leben. Und wenn ich eine olivgrüne Dose mit Pfirsichen ergattert
hatte, glaubte ich, im Paradies zu sein.
Ich
spiele in Ruinen. Bomben und Granaten liegen herum. Ich
sammle Buntmetall.
Zu meinem Alltag gehörten die Begriffe wie Luftmine oder Stabbombe so
selbstverständlich wie die heutigen Kids vom Handy oder Gameboy reden.
Alte Spiele und
Abzählreime Spielzeug ist
Mangelware In den heißen
Nachkriegssommern wurde meistens in Flüssen oder Weihern gebadet,
Autoreifen dienten als Boote und Schwimmhilfen, Schwimmbecken wie heute
gab es nur in größeren Städten. Die alten Kinderspiele, die schon die
Großeltern kannten, kamen wieder in Mode. Abzählreime beim
Versteckspiel waren sehr populär: "Ene mene subtrahene, dive dave
Domino, Opter, Propter, Kaiser lobt er, Zinke, zanke - raus". Oder:
"Drei Sanitäter hüpfen auf die Räder, hüpfen wieder raus und Du
bist draus". Murmeln und Märchen Besonders beliebt
war in der Nachkriegszeit das Schusser- oder Murmel-Spiel. Fast jedes
Kind hatte ein Leinensäckchen voller tönerner Schusser, mit denen
meist auf ein mit den Absätzen gebohrtes Erdloch gespielt wurde. Man
hatte Fäden für Fadenspiele, es wurden Kartenspiele, Mensch-ärgere-Dich-nicht,
Mühle und Schach gern gespielt. Puppen und Fußbälle wurden oft aus
Sackrupfen und Stoffresten gebastelt. Aus Weidenruten wurden Pfeifen
geschnitzt und da es noch kein Fernsehen gab und viele Familien in der
unmittelbaren Nachkriegszeit auch noch kein Radio besaßen, wurde viel
vorgelesen oder Geschichten und Märchen erzählt. Kriegsmunition
als Kracher Eine besondere
Versuchung für uns Buben war "Fundmunition". Überall an
Bach- und Flussrändern, in Wäldern und in abgelegenen Straßengräben
konnte man Infanteriemunition und manchmal auch die gefährlichen
Handgranaten und Panzerfäuste finden. Kein Wunder, dass es immer wieder
zu schweren und manchmal auch tödlichen Unfällen kam. Viele Invaliden ohne Arme, ohne Beine. Nehmen ihre Glasaugen heraus und erschrecken uns Kinder damit.
Ich bin
aufwachsen mit den Wunden des Krieges Mein Vater schlägt mich fast tot. (selbstgemachte Schuhe mit Sohle aus Autoreifen) Ich habe mit 4
Jahren die Bombardierung, die Enge im Bunker, das Schreien der
Erwachsenen erlebt. Das zerstörte Berlin. Doch all das konnte ich
irgend wie ertragen. Die Angst meiner
Kindheit war nicht nur die Bedrohung durch Bomben. Mein Trauma begann,
als mein Vater aus dem Krieg zurückkam. Ein Kriegsvater. "Mutter
sagte: „Guck mal wehr da ist“ . „Das ist dein Vater“. Ich kuckte
ungläubig – der Mann vor mir hatte einen Vollbart und sah
furchterregend aus. „Freu dich, Vati ist aus dem Krieg zurückgekommen“.
Ich sagte: „das ist nicht mein Vater !“ Ich hatte
wirklich vor diesen fremden Mann Angst. Er hatte eine Schiebermütze
auf, trug einen langen ungepflegten Mantel und seine viel zu weiten
Hosen wurden durch ein Koppel gehalten mit dem ich später reichlich
Bekanntschaft machen sollte. Er brachte nichts
aus dem Krieg mit, außer Härte und Strenge, die ihn zu diesem Soldaten
gemacht hatten. Das sollte ich bald zu spüren bekommen. Den Kasernenton
hat auch meine Mutter zu spüren bekommen.
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TraumaEin Trauma
(griechisch: Wunde) ist ein Ereignis, das den Menschen in seiner
Entsetzlichkeit überwältigt und seelisch verletzt. Kriegserlebnisse
und die anschließenden Entbehrungen während der Berlin-Blockade
1948/49 können
ebenso Traumata auslösen wie Naturkatastrophen, Gewalt, Folter oder
Missbrauch. Mit einer gewissen
Zeitverzögerung, manchmal sogar erst Jahre später kann sich eine
posttraumatische Belastungsstörung entwickeln. Sie geht mit körperlichen
und seelischen Beschwerden einher. Die Traumatisierten erleben die
Schrecken immer wieder, haben Albträume und Schlafstörungen, werden
depressiv, greifen zur Flasche oder zu Tabletten, sind reizbar, fühlen
sich schuldig, stumpfen emotional ab und haben Schwierigkeiten,
Bindungen zu anderen Menschen einzugehen. Ein Trauma ist
keine Krankheit, sondern eine normale Reaktion auf ein außergewöhnliches
Erlebnis. In etwa der Hälfte der Fälle gelingt es den Betroffenen, das
Erlebte ohne professionelle Hilfe zu bewältigen. Klingen die
beschriebenen Symptome aber auch nach mehreren Monaten nicht ab, hat
sich wahrscheinlich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt.
Dann kann eine psychotherapeutische Behandlung ratsam sein. Sie soll den
Betroffenen helfen, das Erlebte auszusprechen, die Erinnerungen
verarbeiten und in die Lebensgeschichte einzuordnen und mit den damit
verbundenen Ängsten und Gefühlen umgehen zu lernen. Man funktionierte,
wollte die Eltern, die schon genug zu tun hatten, nicht belasten. Man
war brav, um ihren Kummer nicht noch zu verstärken. Die eigenen Gefühle?
"Verdrängt." Später, oft Jahrzehnte später, kommen die
Magenschmerzen, Migräne, unerklärliche depressive Verstimmungen, Ängste,
die schon bei Flugzeug- oder Sirenengeräuschen, in das Bewusstsein
brechen, Panik - fast alle kennen das. Ich
habe verdrängt, um zu leben. Jetzt bin ich erschöpft vom Schweigen.
"die Wunden der Seele lassen sich nicht verbinden". Heute frage ich
mich, warum ich so lange geschwiegen habe? Wollte oder durfte ich nicht
darüber reden? Beides. Ich hatte Mitgefühl mit meiner Mutter. Sie erzählte
immer wie furchtbar es für Sie war ohne dabei zu berücksichtigen, dass
ich alles miterlebt habe. Schicksalhafte
Einzelheiten bleiben aus und Ihre Erzählungen enden meistens mit
Lobeshymnen für die Zeit unter Hitler und
das es kaum Kriminalität und Vergewaltigungen gab. Die Frauen konnten
ohne Angst nachts auf die Straße gehen.
Meine Mutter gönnt
sich auch heute noch kein Mitgefühl mit mir. Das Grauen hatte ja seinen
Ausgang von ihrer eigenen Regierung genommen, der die Eltern jahrelang
zugejubelt hatten oder gegen die sie zumindest nicht protestiert haben. weiter mit "Berlin-Blockade"....>>>
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Kriegskinder - Bombenhagel überlebt, Karriere gemacht und mit Burn-out bezahlt. - Klaus-Peter Kolbatz, Book on Demand - 180 Seiten; Erscheinungsdatum: 2006, ISBN; 3-8334-4074-0 | |
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© Klaus-Peter Kolbatz |